Direkt zum Hauptbereich

Räume der Stille - ein (erster) Erklärungsversuch

 


"Was sind für dich Räume der Stille?", bin ich vor einigen Tagen gefragt worden.

Gute Frage! Kann ich einen Raum, in dem einfach nur Geräusche fehlen, schon als einen Raum der Stille bezeichnen? Schließlich ist bei Abwesenheit äußerlicher Geräusche der Lärmpegel in mir selbst oftmals um so lauter. Was braucht es also noch, um einen Raum als einen Raum der Stille zu bezeichnen?

Gebetsräume werden beispielsweise von vielen Menschen als einen Raum der Stille empfunden, auch wenn es dort während eines Gottesdienstes oder auch eines Konzertes mal richtig lebhaft und "laut" werden kann. Dann ist der Raum voller Klänge, die beispielsweise durch Orgelmusik und Gesang erzeugt werden. Ich denke, dass Gebetsräume eine Atmosphäre des Friedens, des Gebets, der Zwiesprache mit Gott, des Angenommenseins ausstrahlen. Daher kann ich dort schnell zur Ruhe kommen und mich in diese Atmosphäre mit einschwingen.

In unserem Kloster gibt es neben unseren großen Gebetsräumen, der Kirche und dem Schwesternchor, noch viele weitere Räume, die Räume der Stille sein sollen. Dazu gehören zum Beispiel der Kreuzgang, in dem wir nicht miteinander sprächen wollen, das Refektorium, in dem wir im Schweigen - wenn auch nicht ohne Abwesenheit von Geräuschen in Form von Musik oder Vorträgen - miteinander die Mahlzeiten einnehmen und dann ist da noch das eigene Zimmer. Unser privates Zimmer, welches nur in Notfällen von den Mitschwestern betreten wird, ist für uns mehr als ein Schlafzimmer. Es will mein persönlicher Gebetsraum sein. Es ist mein Rückzugsort, in dem ich ganz persönlich meine Freundschaft mit Gott leben kann, den ich im Herzen trage.

Teresa von Avila beschreibt in ihrem Werk "Die innere Burg", wie viel Mühe es am Anfang kostet, die ersten Wohnungen der eigenen Seelenburg von Ungeziefer frei zu halten. Sie will damit ausdrücken, dass es am Anfang schwer sein kann, in dem Bewusstsein der Gegenwart Gottes zu leben und sich durch nichts mehr davon abbringen zu lassen. Alte Gewohnheiten, alles Störende, muss daher immer wieder von uns unterlassen und entfernt werden. Was für unser Inneres gilt, gilt auch für unsere äußere Wohnung. Soll mein Zimmer daher ein Raum der Stille sein, reicht es nicht aus, dort keinen Besuch zu empfangen, nicht zu telefonieren oder Radio zu hören. Ich muss diesen Raum auch in Ordnung halten und beispielsweise eine Gebetsecke schön gestalten. Ich muss also eine Atmosphäre schaffen, in der ich mich wohl fühle und auch innerlich zur Ruhe kommen kann.

Sr. Franziska


p.S.: Vielleicht habt ja auch ihr einen solchen Raum der Stille in eurer Wohnung oder in eurer Umgebung, vielleicht aber auch nur eine kleine Ecke oder ein Ritual, welches euch zur Ruhe kommen lässt. Wenn ihr mögt, könnt ihr gerne in den Kommentaren davon berichten.

Beliebte Posts aus diesem Blog

Wie Frieden zwischen den Religionen möglich wäre

 In den letzten Tagen hatten wir Besuch von einer alten Bekannten unserer Gemeinschaft, die sich seit vielen Jahren im Buddhismus heimisch fühlt. Gemeinsam hatten wir auch gute Gespräche über Spiritualität. Dabei haben wir wieder einmal für uns festgestellt, dass es im Grunde weniger wichtig ist, in welcher Religion ich meinen Glauben lebe, als dass ich ein spiritueller Mensch bin, d.h. dass ich mich eingebunden fühle in etwas größeres, welches das Judentum, Christentum und der Islam als Gott bezeichnen, dass ich versuche ein guter Mensch zu sein, der achtsam und liebevoll mit sich, seinen Mitmenschen und der Schöpfung umgeht und das Leben wertschätzt.  Den Glauben wirklich zu leben - egal in welcher Religion - ist mehr als das Ausführen von Methoden, dem mechanischen Sprechen von vorgefertigten Gebeten oder dem bloßen Einhalten von Regeln und Geboten. Erst wenn ich dies mit Liebe tue und in Beziehung trete, zu diesem größerem "Etwas", wenn ich z.B. sage: "Ich glaube an ...

Wieder Ankommen und zur Ruhe finden

  Wer meint, dass kontemplative Schwestern NIE aus ihrem Kloster herauskommen, der irrt. In den Monaten nach Ostern war ich in diesem Jahr viel unterwegs: Treffen der Schwestern zwischen 34 und 65 Jahren in Oberzell bei Würzburg, Konventspraktikum im Karmel Himmelspforten, Exerzitien in Aachen und gerade komme ich von der 12-tägigen karmelitanischen Werkwoche der Novizinnen und Junioratsschwestern zurück, die dieses Jahr im Bergkloster Bestwig (Hochsauerland) stattgefunden hat. Okay, so viel Programm ist dann doch eher die Ausnahme, doch ich bin sehr dankbar für diese vier Monate mit erhöhtem Reiseaufkommen: "Reisen bildet!" Jetzt freue ich mich jedoch darüber, wieder in meinem eigenen Kloster ankommen und hoffentlich auch mitten im Alltag zur Ruhe finden zu dürfen. Die Vorzeichen sind positiv: Für dieses Jahr stehen keine mehrtägige Reisen mehr im Terminkalender und dabei sollte es in den nächsten Monaten auch bleiben! Ich selbst freue mich sehr darüber. Ob es den vielen Men...

"Wer nicht arbeiten will, der soll auch nicht essen"

  Auch im kontemplativen Kloster gilt Paulus Leitspruch: "Wer nicht arbeiten will, der soll auch nicht essen" (2. Thessalonicher 3,10).  Zugegeben, bei uns sieht "Arbeit" etwas anders aus, als bei dem Großteil der Menschheit. Wir arbeiten nämlich innerhalb unseres eigenen Klosters und nach Möglichkeit im Stillschweigen und gehen nicht - im Gegensatz zu den apostolisch-tätigen Ordensgemeinschaften - außerhalb des Klosters einem Beruf nach.  Unsere "Hauptaufgabe" ist das Gebet: Laudes, Terz, Sext, Vesper, Komplet, dazu Eucharistiefeier, zwei Stunden persönliches Gebet am Tag und geistliche Lektüre, z.B. in der Bibel. Das macht etwa 4 bis 5 Stunden des Tages aus. Etwa genauso viel Zeit am Tag verbringen wir aber auch mit eher "praktischen" Tätigkeiten wie: Hausarbeit, Verwaltung, Gartenpflege, Liturgievorbereitung oder der Arbeit in unseren Klosterwerkstätten. Zudem sind wir auch Anlaufstelle für viele (rat-)suchende Menschen. Früher hatten die Klös...